Es gibt Worte, die trösten nicht, sondern verletzen oder sind unangemessen. Gar keine Worte – aus Unsicherheit den Trauerschmerz noch zu verstärken – ist auch schwierig und fühlt sich schlecht an. Welche Worte sind die richtigen?
„Was sage ich zu Angehörigen von einem verstorbenen Schüler?“
„Was sage ich zum Kind, dessen Mutter oder Vater auf der Palliativ-Station liegt?“
„Wie begrüsse ich meine Arbeitskollegin, wenn Sie nach dem Verlust ihres Partners oder ihres Kindes wieder zur Arbeit kommt?“
„Was sage ich zu meinem Freund, dessen Bruder Suizid begangen hat?“
Die richtigen Worte finden ist eine heikle Sache und gleichzeitig ein Bedürfnis. Am liebsten hätten die Menschen Rezepte für die Begegnung und den Umgang mit trauernden Menschen. Gerne teile ich aus meiner langen Erfahrung einige Gedanken und Möglichkeiten:
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Wichtig ist es, sich darüber klar zu sein, ob Sie einen Moment Zeit haben und bereit sind, diese der Person zu schenken. Auch ist wichtig, wo Sie der Person begegnen. Es macht einen Unterschied, ob Sie einander mitten in einem vollen Geschäft oder bei einem Spaziergang am See spontan begegnen, oder bei der Arbeit oder ob Sie etwas abmachen wollen mit ihr.
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Nehmen wir an, dass die Begegnung spontan ist, der Ort nicht geeignet ist und Sie auch zuwenig Zeit haben. Trotzdem wollen Sie – hoffentlich – nicht die Strassenseite wechseln oder sich verstecken oder so tun, als hätten sie die Person nicht gesehen.
Sondern: Atmen Sie kurz tief ein und aus, gehen Sie beherzt auf die Person zu, grüssen Sie sie ganz normal und dann könnten Sie etwa sagen: „Hallo, ich habe erfahren dass z.B. dein Mann verstorben ist und möchte Dir mein Beileid aussprechen. Das tut mir aufrichtig leid für Dich. Das ist traurig und ich möchte, dass Du weisst, dass Dein Verlust mich betroffen macht. Ich hoffe, dass Du gute Menschen hast für diese Zeit der Trauer.“ – Die Person wird Ihnen zuhören und wird vor allem dankbar sein, dass jemand wahrgenommen hat, dass sie einen Verlust erlitten hat.
Wenn der Moment für ein etwas längeres Gespräch oder der Ort ungeeignet ist, fragen Sie nicht danach, wie es ihr geht, sondern benennen Sie die Realität des Moments. Nicht als Entschuldigung, sondern als Fact. z.B.: „Ich bin auf dem Weg nach Hause oder zu einer Einladung – was machst Du heute?“ – Die Person wird Ihnen gerne Auskunft geben und Sie können sich dann entsprechend verabschieden.
Ich höre immer wieder von meinen Kursteilnehmenden, dass sie die Worte „mein Beileid“ als Floskel und als nichtssagend empfinden. Doch sind sie kulturell völlig angemessen und zeigen der trauernden Person, dass der Verlust wahrgenommen worden ist. Sie ermöglichen auch einen gewissen Abstand, der in manchen Situationen genau richtig ist, auch für das Gegenüber.
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Schauen wir die Situation an, dass der Ort der Begegnung passt und dass Sie sich durchaus einen Moment Zeit nehmen können und wollen. Vielleicht ist es sogar Teil Ihrer beruflichen Funktion, sich für eine solche Begegnung die Zeit zu nehmen.
Sagen Sie zuerst als Einleitung in das Gespräch, was ich oben als Erstes vorschlage. Dann fragen Sie: „Wie geht es Dir/Ihnen heute?“ Grenzen Sie die Frage nach dem Bewältigen auf den Tag oder sogar auf den Moment ein. Die Frage „Wie geht es Dir?“ ist zu gross. Die Person kann Ihnen sagen, wie es heute ist – denn jeder Tag ist anders in der Trauer. Sie können, wenn noch Zeit ist – fragen: „Hast Du Menschen, die für Dich da sind?“
Lassen Sie auf jeden Fall Ratschläge oder Relativierungen weg. Erzählen Sie auch keine eigenen Erfahrungen, sondern bleiben Sie ganz bei der Person. Anerkennen Sie sie in ihrem Erleben und in ihren Gefühlen. Sie können sagen: „Das ist nicht einfach / schmerzhaft und sehr anstrengend, diesen Verlust zu bewältigen. Ich möchte Dich dafür wertschätzen, Du hast meinen Respekt.“
Sagen Sie keinesfalls, dass sie das schon schaffen wird oder dass sie tapfer und stark sein muss. Das muss sie nicht. Sie können jedoch fragen: „Denkst Du dass Du das schaffst?“ oder „Was hilft Dir im Moment am Meisten?“
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Was tun, wenn Sie nicht mit der Person persönlich über ihren Verlust sprechen wollen/können?
Dann schreiben Sie (nicht per sms & Co. wenn möglich). Suchen Sie eine schöne Karte mit einem Natursujet und schönem Couvert dazu aus und nehmen Sie sich einen Moment Zeit. Schreiben macht es für Sie und für den Empfänger möglich, sich in einem geschützten Rahmen zu begegnen. Karten sind sehr heilsam und wichtig für trauernde Menschen.
Sagen Sie: Dass Sie vom Verlust erfahren haben, dass es Sie betroffen macht. Wenn Sie den Verstrobenen gekannt haben finden Sie etwas Anerkennendes. Wünschen Sie der Person die Kraft und vor allem gute Menschen auf ihrem Weg.
Mehr braucht es nicht. Wenn Sie der Person später begegnen, müssen Sie gar nicht mehr viel sagen, da Sie ja bereits ein Zeichen gegeben haben. Sie können sicher sein, dass Ihre Geste wichtig war und ist.
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Wenn Sie jemand besuchen möchten, sei es die Nachbarin, die ihren Ehemann verloren hat oder jemand auf der Palliativ-Station im Krankenhaus. Können Sie zum Beispiel sagen:
„Ich möchte zu Dir kommen und Dich besuchen. Es ist mir wichtig, Dich zu sehen und von Dir zu hören, wie es Dir jetzt geht.“
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„Für Kinder die richten Worte finden“ werde ich in einem speziellen Artikel aufnehmen, da ich diesem Thema mehr Raum geben möchte, als es hier möglich ist.
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Ich möchte Sie ermutigen, immer Ihre eigenen Worte in Ihrer Sprache und in Ihrer kulturellen Umgebung zu finden. In Zürich sind das andere Worte als in Frankfurt und im Amerikanischen nochmals andere. Die Haltung, aus der heraus die Worte gesprochen werden und die für das Gegenüber deshalb die „richtigen Worte sind“ bleibt jedoch überall die gleiche. Es geht immer um die Aussage:
„Ich weiss von Deinem Verlust – ich sehe Dich und Deinen Schmerz – und ich anerkenne Dich für Deinen Weg und Deine Anstrengung.“ Das ist übrigens der Trost in den Worten!
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Die New York Times hat am 25. November 2020 einen Beitrag von Meghan Markle, Herzogin von Sussex zu ihrer Trauer über ihre Frühgeburt gebracht.
Für sie waren die richtigen Worte ganz andere, als hier in unserer Kultur und Sprache und sie sagt:
„Vielleicht beginnt der Weg der Heilung mit drei einfachen Worten: Bist Du OK?“
Bildquelle: https://www.nytimes.com/2020/11/25/opinion/meghan-markle-miscarriage.html
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Wenn der gesunde Umgang mit Verlust und Trauerprozessen für Sie oder jemand den Sie kennen ein Thema ist, bin ich gerne Ihre Ansprech-partnerin. Wenn Sie für Ihr Team oder für Ihre Mitarbeitenden eine Fortbildung zu gesunder Begegnung und Umgang mit Trauer anbieten möchten, fragen Sie mich einfach an: monica.lonoce@emotionskultur.ch