Bücher sind heilsame Trauerbegleiter

Bücher sind heilsame Trauerbegleiter

Barbara Forster-Zanettin von Redeweise.ch hat mir vor kurzem, in einem ihrer spannenden Beiträge auf LinkedIn die Frage gestellt: «…kennst du vielleicht noch weitere Bücher, welche du empfehlen kannst?»

Da mir diese Frage so oft gestellt wird und ich sie nicht einfach mit einer fertigen Bücherliste beantworten will, schreibe ich meine Gedanken dazu in diesem Artikel. Denn es ist mir wirklich ein grosses Anliegen, dem Thema «Bücher für Trauerprozesse» den – ihm gebührenden – Raum zu geben. Das Potential darin ist riesig.

Tatsache ist, dass in den letzten Jahren viele Bücher zum Thema erschienen sind, zusätzlich zu Klassikern, welche seit Jahren erhältlich sind und immer von Neuem aufgelegt werden. Mit Klassikern meine ich in erster Linie die Bücher von Autor*Innen wie Elisabeth Kübler-Ross, Verena Kast, Jorgos Canacakis, aber auch Gian Domenico Borasio und viele andere, die den Themen Sterben, Tod, Trauer durch ihr Wirken und ihre Bücher in der westlichen Welt Aufmerksamkeit geschaffen haben.

Und hier fängt es schon an; die Sache mit den Empfehlungen für gute Bücher. Ich versuche mich der Komplexität mit einer Auslegeordnung anzunähern und lege den Fokus auf Erwachsene, die einen geliebten, wichtigen Menschen durch Tod verloren haben.

Bevor ich ein Buch empfehle, tauchen bei mir erst Fragen auf:

Wer ist gestorben? Ein Vater? Eine Mutter? Ein Kind oder ein Geschwister? Freund*In, Lebenspartner*In?

In welcher Lebensphase? Für die Eltern, wie auch für Lebensgefährten gibt es in unserer Gesellschaft Vorstellungen oder Erwartungen, in welcher Lebensphase wir das Sterben besser akzeptieren können, z. B. weil ein langes Leben gelebt wurde, oder eine lange Krankheit schon ein Trauerprozess eröffnet hat.

Wenn ein eigenes Kind gestorben ist, ist das mit der Akzeptanz eine ganz andere Sache. Und nicht selten wird der Trauerprozess für Eltern, die ihr Kind überleben, zur Lebensaufgabe und zur grössten Herausforderung.

Ressourcen und Zugänglichkeit? Wo findet die trauernde Person, die mich um eine Buchempfehlung anfragt oder für die jemand um eine Empfehlung bittet, den besten Zugang zu ihrer Trauer? Wie weit und tief mag sie in ihrer Suche wohl gehen?

Ich möchte mit diesen Überlegungen keinesfalls den Eindruck erwecken, dass es zu schwierig sei, jemand ein Buch zu empfehlen oder ein Buch zu schenken. Im Gegenteil, finde ich persönlich Bücher wunderbare Lebensbegleiter und -helfer

Als meine beiden Töchter im Alter von 7 und 10 Jahren an den Folgen ihrer Erkrankung gestorben sind, habe ich selbst Bücher gebraucht, wie die Luft zum Atmen. Jeder Buchempfehlung bin ich gefolgt und jedes Buchgeschenk habe ich tief dankbar angenommen. Auch wenn nicht jedes Buch gepasst hat, so waren sie alle wichtige Wegbegleiter.

Seither sind 25 Jahre vergangen und ich habe fast alle meine Bücher aus dieser Zeit noch immer in meinem Büchergestell. Sie sind auch Zeugen meines Weges mit der Trauer. 

Natürlich sind über die Jahre weitere Bücher hinzugekommen; meist Fachliteratur für meine Schule für Trauerbegleitung mit den Aus- und Fortbildungen, die ich seit 17 Jahren anbiete.

Im erwähnten LinkedIn Beitrag von Barbara schreibt eine Frau im Kommentar:

…»(ich) kann dir zu diesem Thema ein sehr gutes Buch von Jorge Bucay (Psychotherapeut) mit dem Titel „Das Buch der Trauer“ empfehlen. Er nähert sich diesem Thema so achtsam und mit ganz viel Mitgefühl auf eine ganz sanfte Art und Weise. Er hat meine Seele gerettet als mein Vater schwer krank war….»  

Ich bin sicher, dass eine Buchempfehlung, so wie diese hier, unglaublich wertvoll ist. Denn sie ist verbunden mit der persönlichen Trauerprozess eines Menschen. Meine Erfahrung ist, und ich vertraue auch darauf, dass uns das erreicht, was uns hilft, im richtigen Moment.  

Doch jetzt konkret: Welche Bücher empfehle ich, wenn mich jemand fragt?   

Ich verstehe eine solche Frage oder Bitte als Einladung, meine Aufmerksamkeit auf die Trauer eines Menschen zu richten. Trauerbegleitung im Alltag ist meine Herzensaufgabe, deshalb:

Ich nehme mir die Zeit, etwas genauer nachzufragen, im Sinne der drei Überlegungen: Wer ist gestorben? In welcher Lebensphase? Welche Ressourcen und Zugänglichkeiten sind da, d.h. was könnte für die Person passen?

Bereits dieses Nachfragen und Zuhören ist wie lindernder Balsam auf eine offene Wunde. Es schafft schon etwas Raum für das heilsame Gefühl von Verbundenheit, von Gesehen- und Gehörtwerden.

Dann empfehle ich dem Menschen, der sich im Trauerprozess befindet, sich aufzumachen in eine schöne! gute! Buchhandlung und sich in den entsprechenden Abteilungen vom Herzen leiten zu lassen, mit der Absicht, das passende Buch für sich zu finden und sich auch dort beraten zu lassen.

Das „Sich selber aufmachen, sich die Zeit zu nehmen“ für die Suche nach einem Buch – oder auch mehreren Büchern – als gute Helfer auf einem schmerzenden Abschnitt Lebensweg, kann schon mitgezählt werden zu einer langen Kette von Bewältigungsschritten, die anstehen. 

Willst Du jemand ein Buch schenken?  

Das ist eine schöne Geste, doch sei achtsam in der Auswahl. Bleib in einem Bereich, mit dem trauernde Menschen etwas anfangen können. Ich würde ein Buch wählen, das sich an die Gefühle der Trauer richtet, und nicht eines, über das Leben nach dem Tod.  Es geht um Trost, es geht um das Gefühl nicht allein zu sein im Schmerz. Oder schenke einen Buchgutschein mit einer schönen Karte. Und durchaus kannst Du auf die Karte schreiben, welches Buch Du besonders wertvoll findest.

Das ist meine Art Bücher zu empfehlen.  

Ich möchte Menschen ermutigen und ihnen Möglichkeiten zeigen, wie sie sich in einer orientierungslosen Zeit gute Orientierungshilfe holen können. Dazu gehören für mich definitiv gute Bücher.

5 Entwicklungsräume der Trauer​

5 Entwicklungsräume der Trauer

Immer wenn etwas nicht so ist, wie es sein sollte, erleben wir Trauergefühle. Von ganz kleiner Micro-Trauer bis zu riesiger Mega-Trauer. Wir sind alle viel öfter in Trauerprozessen, als uns bewusst ist.  
 
Vor der Trauer können wir nicht flüchten. Keine Chance! Das Leben ist voll davon. Denn Vergänglichkeit ist das kosmologische Konzept, in dem wir leben. 
 
Trauerfähigkeit ist sozusagen unsere Ausstattung, damit wir mit der Vergänglichkeit leben können. Und wie so viele Fähigkeiten, muss auch diese sich entwickeln. Es braucht Leitbilder, Wissen, Übungsräume und Erfahrung. 
 
So viele Menschen fürchten die Trauer, weil sie schmerzt. Ja, stimmt, Trauer tut extrem weh und das manchmal über lange Zeit. Gerade deshalb täten wir gut daran, mehr darüber zu wissen und zu lernen, wie wir angemessen mit ihr umgehen können; für uns selbst und gleichzeitig auch für die Begleitung unserer Mitmenschen in Trauerprozessen. 
 
Meine Grafik zeigt 5 Entwicklungsbereiche, die sich mit jedem Verlust erneut öffnen und uns einladen, sie zu erkunden. Ich möchte, dass Menschen erkennen und verstehen, in welchen Bereichen sie sich bewegen und ich möchte auch sensibilisieren, welch grosse Arbeit trauernde Menschen leisten.  
 
Die verschiedenen Entwicklungsbereiche sind nicht allen Menschen gleich zugänglich. Je nach Umfeld, Sozialisierung, Prägung und Persönlichkeit mit eigenen Glaubenssätzen gelingt es mehr oder weniger gut, sich in allen Bereichen zurecht zu finden. 
 
Zeit ist nicht der Hauptfaktor und es gibt auch keine vorgegebene Reihenfolge. Der wichtigste und wirksamste Faktor, ob es jemand gelingt, mit der Zeit zu allen Bereichen Zugang zu finden und innerhalb dieser Bereiche Entwicklungsschritte zu machen und Abschiedskompetenz zu üben, ist das Umfeld. Also wir alle. 
 
Wer für Kinder oder Erwachsene in Trauerprozessen eine wirkliche Hilfe sein will, muss sich auskennen in diesen Bereichen und über Fertigkeiten und Tools verfügen, um diese Entwicklungsräume zugänglich zu machen.  
 
Trauerbegleiter*In zu sein, bedeutet, Menschen Angebote zu machen, die es ihnen erlauben und erleichtern, immer wieder den einen oder anderen Entwicklungsraum zu betreten. 
 
Wenn wir alle mehr darüber wüssten, was in einem Verlust emotional mit uns geschieht und was es braucht, um dieses Geschehen verstehbar, handhabbar und sinnhaft zu gestalten, hätten wir viel weniger Leid in unserer Gesellschaft, das weiss ich.    

Wie also für sich selbst den eigenen Trauerprozess verstehen?  

Wenn Du dir die 5 Entwicklungsräume anschaust, kannst Du für dich darüber reflektieren. Welche der 5 Räume sind für Dich einfach zugänglich? Wo hälst Du dich meistens auf, wo fühlst Du dich sicher? 

Gibt es solche, die Du meidest, die sich für dich bedrohlich anfühlen oder einfach zu unbekannt sind? 

Was bräuchtest Du, um auch solche Räume kennen zu lernen und zu üben, dich darin sicherer zu bewegen? 

 

Es geht darum, dass diese Räume verstehbar, handhabbar und sinnhaft für dich werden. Wenn Du erkennen kannst, wo Du dich befindest und was Du meidest, bist Du schon ein grosses Stück weiter. Und für die Räume, die Dich fordern, suche Dir Unterstützung. Das kann zum Beispiel auch eine Fortbildung sein, in der Du mehr über diese Räume lernst, wie Du selbst dich darin bewegst und wie Du anderen helfen kannst und zeigen kannst, wie es geht. Dafür habe ich meine Schule für Trauerbegleitung gegründet. Genau dafür. 

 

Ich lade Dich von Herzen ein, Dich dem Thema anzunähern, da Du ihm sowie so in Deinem Leben begegnen wirst. Ausweichen ist keine Option, glaub mir. Monica Lonoce

Wenn plötzlich alles anders ist

Ein Gespräch über Verlust, Trauer und Abschied bei Kindern

Hanna Landolt von Realationshift.ch im Gespräch mit Monica Lonoce im Mai 2021

Monica, du bildest Fachpersonen und Eltern zum Thema «Gesunder Umgang mit Verlust, Trauer und Abschied» aus und bist Begründerin der Gefühle.Leben.Lernen.® GLL-Methode. Weshalb liegt dir dieses Thema so am Herzen? Was treibt dich an, dieses Wissen gesellschaftlich zu verbreiten?

Mein Engagement für dieses Thema hat seinen Ursprung in meiner persönlichen Geschichte. Als Mutter von zwei schwer kranken Zwillingsmädchen, die im Alter von 7 und 10 Jahren an den Folgen ihrer Erkrankung verstorben sind, habe ich selbst die Erfahrung gemacht, wie unsicher wir alle im Umgang mit Verlust, Trauer und Abschied sind. Wir waren als Familie gut eingebettet in eine grosse soziale und familiäre Umgebung. Doch ich für mich selbst fühlte ich mich sehr einsam und fand keine angemessene Möglichkeiten, um den Verlust und die Gefühle anzusprechen und zu teilen; auch nicht mit meinem Mann und meinem Sohn, der damals 8 bzw. 11 Jahre alt war. Wir fanden keinen gemeinsamen Ansatzpunkt um zu dritt unsere Gefühle und das Geschehen im Alltag anzugehen. Das hat mich sehr belastet und betrübt. Ich wollte verhindern, dass der traurige Verlust der Mädchen unser Leben als Zurückgebliebene zusätzlich unglücklich und krank macht.

Ich fühlte mich hilflos und war gleichzeitig wütend, dass ich so wenig alltagstaugliches Wissen für einen guten Umgang mit einem Thema, das uns alle ausnahmslos irgendwie und irgendwann betrifft, habe.

Das wollte ich ändern und so habe ich mich auf die Suche gemacht, ob es nicht etwas gibt, womit Familien mit Kindern lernen können, miteinander über ihre Gefühle zu sprechen und die gefühlte Hilflosigkeit und Unsicherheit des Umfeldes gemindert werden kann.

Ich suchte nach etwas einfachem, alltags- und praxistauglichen, über-konfessionell und humanistisch ausgerichtet, für die heutige Zeit und Gesellschaft, in der wir leben. Da ich kein solches Modell finden konnte, habe ich mich in meiner Ausbildung zur Eltern- und Erwachsenenbildnerin dem Thema angenommen. So ist Gefühle.Leben.Lernen.® GLL entstanden.

Das war der Motor, der mich bis heute antreibt, mich zu engagieren. Ich möchte mehr Wissen und Bewusstsein in die Gesellschaft einbringen.

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Weshalb denkst du, fällt es uns Menschen so unglaublich schwer, im Umgang mit Verlusten und Abschied einen konstruktiven Weg zu finden? Haben wir als Gesellschaft verlernt zu trauern?

Das hat, meiner Meinung und Erfahrung nach, damit zu tun, dass sich die westliche Gesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr vom Kollektiven-Gemeinsamen, hin zum Individuellen-Eigenen entwickelt hat. Wir haben die Freiheit – und damit auch die Verantwortung – bekommen, oder erkämpft, eigene Wege zu suchen und zu finden. Dazu kam die Ausrichtung auf Erfolg und Effizenz (= Zeitdruck) und permanente Selbstoptimierung. Und in den letzten Jahren, mit der Digitalisierung, kam SocialMedia als neuer Ort der Begegnung hinzu.

Nun ist gesundheitsfördernder Umgang mit Verlust und Abschied aber etwas, was überall und in jeder Kultur immer schon die Gemeinschaft braucht. Alleinerziehende, Kleinfamilien, Singles, Menschen auf der Flucht, kurz; viele Menschen haben oft wenig Kontakt zu tragenden Gemein-schaften. Wir haben insofern verlernt zu trauern, dass unsere Lebensform den natürlichen Kontakt mit gesunden oder konstruktiven Formen zur Bewältigung von Verlusten gar nicht mehr automatisch zur Verfügung steht.

Die Freiheit, Abschiede selbst zu gestalten ist auf der einen Seite eine sehr schöne und heilsame Möglichkeit. Auf der anderen Seite jedoch, ohne Support oder geeignete Zugänge zu Support, kann es auch darin münden, dass Abschiede unter Ausschluss jeglicher Öffentlichkeit, stattfinden. Eine einzelne Person oder kleine Familie kann alleine nicht die nötige Kraft aufbringen, ihrem Schmerz Ausdruck zu verleihen. Das ist für viele eine Überforderung ohne den Halt eines stützenden, sozialen Umfeldes.

Für viele sind solche Situationen dann mit Angst, Schuld und Scham behaftet. So vermeiden sie – verständlicherweise – Situationen, in denen genau das gefragt ist: den Trauer-Gefühlen vor «mittragenden Zeugen» angemessenen Ausdruck zu verleihen.

Ja, wir müssen neu lernen zu trauern. Nicht in starren und vorgegebenen Strukturen, das Individuelle und das Mitgestalten sind wunderbare Möglichkeiten. Aber es geht mir darum, einige grundlegende Voraussetzungen zu berücksichtigen, damit Abschied nehmen gelingt. Vor allem, wenn Kinder und Jugendliche involviert sind.

«Abschiedskompetenz» ist etwas, was wir lernen und entwickeln müssen. Meiner Meinung nach auch in der Schule. Gerade dort, als Ort der Gemeinschaft, in dem Lebenskompetenzen geübt werden können.

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Hat sich unser Umgang damit in den letzten Jahren oder Jahrzenten verändert? Ging man früher, als Abschied und Verlust vielleicht noch mehr zum Alltag gehörten, besser damit um?

Ich würde nicht sagen, dass es früher besser war. Es war einfach zu einer anderen Zeit mit einem anderen Weltbild und die Gesellschaft war an einem ganz anderen Ort als heute. Ich glaube, es, geht darum, einen Umgang für die heutige Zeit zu finden.

Was jedoch vielleicht einfacher war, dass die Menschen schon von klein auf regelmässig und ganz automatisch eingebunden waren, in immer wiederkehrende Ereignisse der Gemeinschaft. Dazu gehörten nebst dem fest verankerten Rhythmus der Jahresfeste, auch die Teilhabe an Lebensevents wie Geburt, Schuleintritt, Hochzeit, aber auch Krankheit und Tod. Die Abläufe waren vorgegeben, und die erfahrenen, älteren Mitglieder der Familie, Nachbarschaft und im Freundeskreis waren da, in grösserer Anzahl und meist in der Nähe.

Wenn also zum Beispiel eine Grossmutter starb, dann waren da, ausser der trauernden Mutter oder Vater, genug andere Bezugspersonen, die sich um die Kinder kümmern konnten oder die eine Zeit lang der Familie als tragende Kraft und Ressource zur Verfügung standen.

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Wie unterscheidet sich der Umgang damit zwischen Kindern und Erwachsenen? Gehen Kinder natürlicher damit um und wir Erwachsenen können von den Kindern lernen? Was sind deine Erfahrungen?

Zwei Aspekte zu Deiner Frage möchte ich herausheben:

Kinder befinden sich in einem grossen Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Umfeld, insbesondere zu ihren Eltern. Das macht sie zusätzlich verletzbar. Sie orientieren sich vor allem am Befinden ihrer Eltern oder engsten Bezugspersonen.

Wenn nun die Familie von einem bedeutsamen Verlust betroffen ist, dann nehmen die Kinder diese emotionale Spannung sofort wahr und reagieren darauf. Unabhängig davon, ob das ein Tod, eine Diagnose, eine Trennung oder der Verlust von existentiellen Grundlagen ist. Da sind sie angewiesen, dass sie für diese Wahrnehmung und die Unsicherheit, die sie dadurch erleben, Unterstützung bekommen. Was heisst das konkret:

Unabhängig vom Alter, brauchen Kinder:

  • Angemessene Information, was geschehen ist
  • Pragmatische Antworten auf ihre Fragen
  • Die Versicherung, dass das nicht ihre Schuld ist, und sie alles richtig gemacht haben
  • Die Information, dass die Mutter/der Vater sehr traurig, oder wütend, oder besorgt sind und dass das so sein darf und richtig ist, wenn so etwas geschieht
  • Dass die Eltern oder jemand immer für das Kind da sind/ist
  • Dass sie gemeinsam einen Weg finden werden und es immer eine Lösung gibt
  • Was als nächster Schritt ansteht und
  • Dass das Kind eingebunden ist in die Rituale, je nach Alter des Kindes mehr oder weniger
  • Und das Wichtigste; dem Kind zu sagen, dass sie es lieben

Es geht also hier nicht darum, dass die Eltern vom Kind lernen, sondern, dass die Erwachsenen den Kindern Support geben durch eine Krise hindurch. Wenn das nicht möglich ist, dann wäre es sehr förderlich für den Prozess der ganzen Familie, wenn sie sich Unterstützung von aussen holen. Das können durchaus tragende Vertrauenspersonen aus dem Umfeld sein. Es hilft, wenn diese persönlich nicht so sehr vom Verlust betroffen sind.

Der zweite Aspekt betrifft den natürlichen Umgang mit einem Verlust:

Kinder leben mehr im Jetzt. Sie entdecken die Welt und haben weniger vorgefasste Meinungen zu etwas. Sie können, je nach Entwicklungsstufe noch nicht so weit abschätzen, was das bedeutet. Sie versuchen von sich aus, die emotionale Spannung auszugleichen. Das heisst, sie ziehen sich zurück, versuchen so wenig wie möglich «zur Last» zu fallen und tun alles, dass es der Mutter, dem Vater, der Bezugsperson «wieder gut geht». Das ist natürlich eine Überforderung für den kindlichen Organismus und oft reagieren Kinder mit verschiedenen somatischen Symptomen auf diese Überforderung.

Doch gelingt es ihnen auch, trotz ihrer Sorge um ihr Umfeld, zwischendurch ganz einzutauchen in Spiel und Spass und das Traurige ganz zu vergessen. Das ist ein Unterschied zu den Erwachsenen, diese Flexibilität und ganz Eintauchen können in den Moment.

Es ist also wichtig dafür zu sorgen, dass Kinder

· Orte und Räume bekommen, an denen sie auch unbeschwert sein können/dürfen

· Dass sie immer wieder die Erlaubnis bekommen, dass sie auch glücklich sein dürfen und den Verlust zwischendurch vergessen können

· Von den Eltern oder anderen Vertrauensmenschen die Information bekommen, dass Eltern sehr gut für sich selber sorgen können und es auch tun werden

· In Gesprächen und Erinnerungen dem Kind die Möglichkeit geben, seine eigenen Worte oder Bilder zu finden, sich die Welt im eigenen Verständnis zu erklären.

Wenn es etwas zu lernen gibt für Erwachsene von Kindern, dann kann das geschehen, indem wir den Kindern zuhören: wie erklären sie sich das Geschehen, welche Fragen stellen sie. Darin liegt ein grosser Schatz, den wir Erwachsene so «unschuldig» nicht mehr selber haben.

Und, wenn es etwas gibt, was die «Grossen» dank ihren «Kleinen» lernen können, dann ist es die Fähigkeit, in den Moment einzutauchen. Sei es in die Welt der Gefühle und diesen Ausdruck zu verleihen, wie auch in das Spiel oder die Faszination der Natur, und so die Welt und den Schmerz für einige Momente ganz zu vergessen. Das ist sicher die grösste Herausforderung für Erwachsene.

Mein Lehrer, von dem ich das Meiste über Trauerprozesse lernen durfte, hat zu mir, damals als ich um den Verlust und all die verpassten Lebensjahre mit meinen beiden Töchtern trauerte an den Kopf geworfen: «Pass auf, denn alles, was Du nicht für Dich tust, muss Dein Sohn für Dich machen». Das hat gesessen und ich habe in diesem Moment verstanden, welche Selbstverantwortung Eltern tragen und wahrnehmen müssen. Doch dafür braucht es auch das entsprechende Bewusstsein und oft gute Begleitung durch das Umfeld oder auch im Rahmen einer professionellen Begleitung.

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Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Die Grossmutter meines Kindes liegt im Spital und wird sterben. Was rätst du mir als Elternteil in Bezug auf die Unterstützung meines Kindes?

Ich rate all das, was ich im vorhergehenden Abschnitt gesagt habe. Doch geht es bei der Begleitung von trauernden Kindern noch um weitere Aspekte. Es gibt «4 Aufgaben der Trauer», ein Modell von W. Worden, mit dem ich sehr gerne arbeite. Diese 4 Aufgaben sind auch für Kinder erfüllbar und gut zu begleiten:

Die Realität akzeptieren

Das bedeutet, dem Kind die Realität in angemessener Sprache und mit möglichst vielfältigen Hilfen aufzeigen und seine Fragen zu beantworten. Zum Beispiel, immer wieder informieren, wie es der Grossmutter im Spital geht, auch dass der Arzt gesagt hat, dass sie nicht mehr gesund wird und sterben wird. Die Grossmutter nochmals besuchen, wenn das Kind das möchte. Oder bei einem unerwarteten Tod, das Kind so zeitnah und ruhig wir möglich informieren. (Bitte nicht irgendwo am Telefon oder zwischen Tür und Angel).

Alle Gefühle zu durchleben

Die eigenen Gefühle zeigen und dem Kind erlauben, auch seine Gefühle zu zeigen. Niemand muss tapfer sein, wenn etwas traurig ist und im Herzen weh macht, dann ist weinen genau richtig. Doch kann es auch sein, dass das Kind gar keine Gefühle zeigt, das mag für Erwachsene irritierend sein. Wichtig ist, dass der Ausdruck von Gefühlen nicht bewertet, ausgelacht, gemassregelt wird.

Sich anpassen an eine Welt, in der das Verlorene fehlt

Jeder Mensch – auch Kinder – haben ihre eigene Art, mit dem Verlust umzugehen in der Zeit, die danach folgt. Erst muss man sich dran gewöhnen, dass man die Grossmutter nicht mehr besuchen kann, dass sie nicht mehr telefoniert, keine Geschenke mehr schickt, man mit ihr nicht mehr Ausflüge machen kann, usw. Das Kind – und auch die Eltern sind ja das Kind der Grossmutter – kennt ein Leben ohne diesen Menschen noch nicht. Dieser Prozess braucht Zeit und viel Energie.

Darüber sprechen, was man gerade gemerkt hat, was jetzt anders ist, weil die Grossmutter nicht mehr da ist, hilft. Dabei darf man durchaus auch immer wieder traurig sein.

Dem Verlorenen einen neuen Platz geben und lernen, die Erinnerungen mitzunehmen

Der Platz der verstorbenen Grossmutter ist einerseits auf dem Friedhof, den kann man besuchen und pflegen, vielleicht auch im Himmel – je nach Kultur der Familie – und auf jeden Fall gibt es einen besonders schönen Platz im Herzen.

Erinnerungen sind kostbar und wenn möglich, je nachdem wie alt das Kind ist, sollen ein paar Erinnerungsstücke aufbewahrt werden. Natürlich Fotos, doch auch Dinge, wie z.B.

Etwas aus der Küche (Die Lieblingstasse), etwas aus dem Bad (ein Parfüm oder Seife), etwas aus dem Schlafzimmer (ein Schal). Auch Geschenke von der Grossmutter bekommen jetzt einen anderen Wert.

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Was passiert, wenn wir die Trauer nicht zulassen? Oder wenn wir Kindern nicht erlauben zu trauern?

Wenn Trauer-Gefühle oder Schmerz (Spannungen) keinen Raum für Ausdruck bekommen, dann bleiben sie im Körper. Das heisst, der Körper muss es ausbaden. Er muss etwas leisten, wofür er nicht gemacht ist. Und er tut es auf die Art und Weise, wie die Körper- und Lebensintelligenz es vermag. Körperschmerz ist eine Art, wie unser Organismus versucht, den emotionale Schmerz (Spannung) auszudrücken bzw. die Spannung abzubauen.

Wird dem Kind kein Raum zum Trauern ermöglicht – aus Unwissenheit oder Unvermögen –, versucht es selbst einen Weg zu finden, dass in seinem Inneren wieder Ruhe einkehrt. Das ist eine Überforderung für einen Organismus, der in Entwicklung ist. Die Konsequenzen zeigen sich oft erst im Erwachsenenalter. Manchmal zeigt das Kind auch Verhaltensweisen, die es vorher nicht gezeigt hat. Auch das ist ein Zeichen von Versuchen, mit der Situation irgendwie klar zu kommen.

Kann es Kinder beim Abschiednehmen helfen, wenn sie an die Beerdigung mitkommen können?

Diese Frage wird immer wieder gestellt und sie ist nicht pauschal zu beantworten. Grundsätzlich ja, aaaaaaber….. die Eltern müssen sich wohl dabei fühlen, dass das Kind mitkommt. Eine weitere Vertrauensperson sollte nur für die Begleitung des Kindes da sein,

um – falls es eine Pause braucht – mit ihm einen Spaziergang machen zu können. Das Kind selbst muss dabei sein wollen, oder eben nicht. Man darf es aber ruhig ermutigen und ihm erklären, was an einer Beerdigung genau passiert und ihm versichern, dass es jederzeit mit der Begleitperson eine Pause machen darf, und dass das in Ordnung ist. Diese Entscheidung ist ganz individuell zu treffen und muss auch veränderbar sein.

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Trauer zeigt sich ja in allen Bereichen des Lebens, nicht nur, wenn eine nahestehende Person stirbt. Man trauert vielleicht um Bedürfnisse, die nicht mehr erfüllt werden, um unerfüllte Träume oder gescheiterte Pläne. Gerade jetzt in der Corona Krise sehen wir das. Was können wir in der jetzigen Krise in punkto Trauern und Umgang mit Abschied und Verlust lernen?

Beim Trauern geht es um Abschiednehmen. Dabei hilft es tatsächlich, sich immer wieder – egal um was es geht – sich mit den 4 Aufgaben der Trauer auseinander zu setzen. Doch auch im Abschnitt, was Kinder brauchen und was Eltern von ihnen lernen können, liegt viel Potential für alle.

Die Schwierigkeit bei Corona ist, dass Familien- und Sozialsysteme voneinander abgeschnitten sind und somit grundlegende Ressourcen, die wir für die Entwicklung von Abschiedskompetenz brauchen, fehlen. Nur Eltern oder einzelne Personen, können dieses soziale Netz nicht ersetzen.

Da mache ich mir wirklich auch Sorgen, was diese lange Aushaltenmüssen für Konsequenzen hat, auf lange Zeit gesehen.

Es geht also auch darum, die Quellen von Kraft und Gesundheit, die zugänglich sind, unbedingt zu nutzen. Viel in der Natur sein, per Videocalls mit dem Umfeld in Kontakt treten, dem Kind und auch sich selbst kleine Oasen des Wohlbefindens schaffen. Und, wenn die Kraft ausgeht, nicht unnötig warten, um Unterstützung zu finden.

Eine Freundin von mir hat mit ihrer Nachbarsfamilie eine Allianz gebildet und sie wechseln sich ab in Kinderbetreuung, sodass sie eine erweiterte und trotzdem geschlossene Gemeinschaft bilden konnten. Doch es ist nicht allen Familien möglich, sich Zugang zu Unterstützung im nahen Umfeld und online-Hilfe zu holen.

Wie begleite ich mein Kind optimal, wenn wir als Eltern uns trennen? Auch das ist ja eine Verlustsituation für das Kind: Verlust der gewohnten Familienstruktur, Verlust des Wohnortes vielleicht, Abschied vom Gefühl, die Eltern gehören zusammen.

Tatsächlich ist diese Verlustsituation ein mindestens ebenso starker Einschnitt in die Biografie der Familie und des Kindes, wie ein Todesfall oder eine schwere Krankheit. Es ändert sich deshalb in der Begleitung der Trauergefühle des Kindes, aber auch der Eltern nichts. Es geht um einen tiefen Verlust und braucht achtsames Gewahrsein und stabilisierende Begleitung aus dem Umfeld. Auch hier rate ich, dass sich die Familie nicht scheuen soll, sich unterstützen zu lassen. Denn bei einer Trennung stecken die Eltern ja selbst in einem tiefen Trauerprozess. Sie müssen Abschied nehmen von ihren Vorstellungen und von den gemeinsamen Jahren, von der idealen Familie, die sie zusammen gründen wollten. Sie sind überflutet von Gefühlen und müssen gleichzeitig ihr Leben neu organisieren.

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Wann merkt man, dass die Trauerphase vorbei ist? Kann man sagen, wie lange Kinder ungefähr trauern oder ist das sehr individuell?

Ich möchte lieber von einem Prozess mit verschiedenen Erlebensräumen und Aufgaben sprechen, als von Trauerphasen. Es gibt schon Hinweise, woran man erkennen kann, ob ein Kind seinen Trauerprozess «gesund» durchlebt. Wenn es sich in allen vier Traueraufgaben – auf die ich weiter oben hingewiesen habe – bewegen kann. Das heisst, es ist in der Lage die offensichtliche Realität zu erklären (auf seine Weise), es kann seine Gefühle erleben und durchleben, es findet Wege sich in der Welt zu bewegen und es kann sich erinnern oder Erinnerungen zuhören und hat dem verlorenen Menschen oder Tier einen neuen Platz in seiner Biografie zugewiesen.

Das ist nicht ein linearer Weg, und er ist auch nicht irgendwann definitiv abgeschlossen. Es kann zum Beispiel sein, dass eine Tochter zwar den frühen Tod des Vaters während der Kindheit emotional integriert hat, dass aber als junge Frau und Mutter, sie nochmals trauert, um den Verlust ihren Vater als Grossvater ihres Kindes zu erleben und mit ihm das Aufwachsen ihrer Kinder zu teilen.

Immer geht es darum, das was gerade ist und sich zeigt, aufzunehmen und ihm einen angemessenen Platz zu geben.

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Kannst du mir mehr über die GLL Methode sagen? Was macht sie aus? Welche Schritte beinhaltet sie?

Ich habe GLL entwickelt um Kinder, Jugendliche, Erwachsene – auch mit kognitiver Beeinträchtigung – im Umgang mit Abschied, Verlust und Trauer nachhaltig zu unterstützen. Die GLL-Methodik und ihre Werkzeuge helfen dabei, die Gefühle in schwierigen Ereignisse zu ordnen und auszudrücken.

Mit Hilfe des einzigartigen methodischen Vorgehens, erleben Kinder und Erwachsene ihre Gefühle nicht mehr als bedrohlich oder beschämend. Eines der Basis-Elemente sind die fünf GLL-Gefühlsformen, die den jeweiligen Gefühlen eine Form und einen Ort zur Gestaltung und zum Erzählen bieten.

Das Besondere an GLL ist, dass die Methode so einfach und doch so effektiv ist. Dafür biete ich eine Ausbildung an, auch für Eltern im Familienalltag.

Heute wird GLL an Schulen, in Wohnheimen und in Familien eingesetzt, für ein besseres Miteinander. Nicht nur, bei einem Verlust, aber gerade dann um so mehr. GLL ist überkonfessionell und basiert auf einem humanistischen Weltbild.

Herzlichen Dank, Monica, für dieses Gespräch.

Zur Person Monica Lonoce:

Monica Lonoce Lange, MAS Prävention und Gesundheitsförderung, Begründerin der Methode Gefühle.Leben.Lernen.® GLL, Autorin, externe Dozentin für Gesunden Umgang mit Verlust und Trauer, GLL-Trauerbegleiterin, Co-Leitung einer Lebensgemeinschaft für Menschen mit Begleitbedarf. Mehr zum Angebot von Monica Lonoce auf www.emotionskultur.ch

Von Monica empfohlene Kinderbücher zum Thema:

• «Marco entdeckt seine Gefühle» von Monica Lonoce zusammen mit einem Workbook erhältlich unter www.emotionskultur.ch

• «Wie der kleine rosa Elefant einmal sehr traurig war und es ihm wieder gut ging» von Monika Weitze und Eric Battut

• «Traurig sein ist OK» von Michaelene Mundy, R.W. Alley

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Realationshift

Realationshift ist die erste online Familienpraxis in der Schweiz bestehend aus einem Team von Experten in verschiedenen Bereichen rund um Familienthemen.

Mit Workshops, Vorträgen, ihrem Blog und dem Podcast «beziehungsweise» steht sie Eltern kompetent zur Seite. www.realationshift.ch

Die richtigen Worte finden

Die richtigen Worte finden

Es gibt Worte, die trösten nicht, sondern verletzen oder sind unangemessen. Gar keine Worte – aus Unsicherheit den Trauerschmerz noch zu verstärken – ist auch schwierig und fühlt sich schlecht an. Welche Worte sind die richtigen?

„Was sage ich zu Angehörigen von einem verstorbenen Schüler?“

„Was sage ich zum Kind, dessen Mutter oder Vater auf der Palliativ-Station liegt?“

„Wie begrüsse ich meine Arbeitskollegin, wenn Sie nach dem Verlust ihres Partners oder ihres Kindes wieder zur Arbeit kommt?“

„Was sage ich zu meinem Freund, dessen Bruder Suizid begangen hat?“

Die richtigen Worte finden ist eine heikle Sache und gleichzeitig ein Bedürfnis. Am liebsten hätten die Menschen Rezepte für die Begegnung und den Umgang mit trauernden Menschen. Gerne teile ich aus meiner langen Erfahrung einige Gedanken und Möglichkeiten:

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Wichtig ist es, sich darüber klar zu sein, ob Sie einen Moment Zeit haben und bereit sind, diese der Person zu schenken. Auch ist wichtig, wo Sie der Person begegnen. Es macht einen Unterschied, ob Sie einander mitten in einem vollen Geschäft oder bei einem Spaziergang am See spontan begegnen, oder bei der Arbeit oder ob Sie etwas abmachen wollen mit ihr.

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Nehmen wir an, dass die Begegnung spontan ist, der Ort nicht geeignet ist und Sie auch zuwenig Zeit haben. Trotzdem wollen Sie – hoffentlich – nicht die Strassenseite wechseln oder sich verstecken oder so tun, als hätten sie die Person nicht gesehen.

Sondern: Atmen Sie kurz tief ein und aus, gehen Sie beherzt auf die Person zu, grüssen Sie sie ganz normal und dann könnten Sie etwa sagen: „Hallo, ich habe erfahren dass z.B. dein Mann verstorben ist und möchte Dir mein Beileid aussprechen. Das tut mir aufrichtig leid für Dich. Das ist traurig und ich möchte, dass Du weisst, dass Dein Verlust mich betroffen macht. Ich hoffe, dass Du gute Menschen hast für diese Zeit der Trauer.“ – Die Person wird Ihnen zuhören und wird vor allem dankbar sein, dass jemand wahrgenommen hat, dass sie einen Verlust erlitten hat.

Wenn der Moment für ein etwas längeres Gespräch oder der Ort ungeeignet ist, fragen Sie nicht danach, wie es ihr geht, sondern benennen Sie die Realität des Moments. Nicht als Entschuldigung, sondern als Fact. z.B.: „Ich bin auf dem Weg nach Hause oder zu einer Einladung – was machst Du heute?“ – Die Person wird Ihnen gerne Auskunft geben und Sie können sich dann entsprechend verabschieden.

Ich höre immer wieder von meinen Kursteilnehmenden, dass sie die Worte „mein Beileid“ als Floskel und als nichtssagend empfinden. Doch sind sie kulturell völlig angemessen und zeigen der trauernden Person, dass der Verlust wahrgenommen worden ist. Sie ermöglichen auch einen gewissen Abstand, der in manchen Situationen genau richtig ist, auch für das Gegenüber.

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Schauen wir die Situation an, dass der Ort der Begegnung passt und dass Sie sich durchaus einen Moment Zeit nehmen können und wollen. Vielleicht ist es sogar Teil Ihrer beruflichen Funktion, sich für eine solche Begegnung die Zeit zu nehmen.

Sagen Sie zuerst als Einleitung in das Gespräch, was ich oben als Erstes vorschlage. Dann fragen Sie: „Wie geht es Dir/Ihnen heute?“ Grenzen Sie die Frage nach dem Bewältigen auf den Tag oder sogar auf den Moment ein. Die Frage „Wie geht es Dir?“ ist zu gross. Die Person kann Ihnen sagen, wie es heute ist – denn jeder Tag ist anders in der Trauer. Sie können, wenn noch Zeit ist – fragen: „Hast Du Menschen, die für Dich da sind?“

Lassen Sie auf jeden Fall Ratschläge oder Relativierungen weg. Erzählen Sie auch keine eigenen Erfahrungen, sondern bleiben Sie ganz bei der Person. Anerkennen Sie sie in ihrem Erleben und in ihren Gefühlen. Sie können sagen: „Das ist nicht einfach / schmerzhaft und sehr anstrengend, diesen Verlust zu bewältigen. Ich möchte Dich dafür wertschätzen, Du hast meinen Respekt.“

Sagen Sie keinesfalls, dass sie das schon schaffen wird oder dass sie tapfer und stark sein muss. Das muss sie nicht. Sie können jedoch fragen: „Denkst Du dass Du das schaffst?“ oder „Was hilft Dir im Moment am Meisten?“

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Was tun, wenn Sie nicht mit der Person persönlich über ihren Verlust sprechen wollen/können?

Dann schreiben Sie (nicht per sms & Co. wenn möglich). Suchen Sie eine schöne Karte mit einem Natursujet und schönem Couvert dazu aus und nehmen Sie sich einen Moment Zeit. Schreiben macht es für Sie und für den Empfänger möglich, sich in einem geschützten Rahmen zu begegnen. Karten sind sehr heilsam und wichtig für trauernde Menschen.

Sagen Sie: Dass Sie vom Verlust erfahren haben, dass es Sie betroffen macht. Wenn Sie den Verstrobenen gekannt haben finden Sie etwas Anerkennendes. Wünschen Sie der Person die Kraft und vor allem gute Menschen auf ihrem Weg.

Mehr braucht es nicht. Wenn Sie der Person später begegnen, müssen Sie gar nicht mehr viel sagen, da Sie ja bereits ein Zeichen gegeben haben. Sie können sicher sein, dass Ihre Geste wichtig war und ist.

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Wenn Sie jemand besuchen möchten, sei es die Nachbarin, die ihren Ehemann verloren hat oder jemand auf der Palliativ-Station im Krankenhaus. Können Sie zum Beispiel sagen:

„Ich möchte zu Dir kommen und Dich besuchen. Es ist mir wichtig, Dich zu sehen und von Dir zu hören, wie es Dir jetzt geht.“

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„Für Kinder die richten Worte finden“ werde ich in einem speziellen Artikel aufnehmen, da ich diesem Thema mehr Raum geben möchte, als es hier möglich ist.

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Ich möchte Sie ermutigen, immer Ihre eigenen Worte in Ihrer Sprache und in Ihrer kulturellen Umgebung zu finden. In Zürich sind das andere Worte als in Frankfurt und im Amerikanischen nochmals andere. Die Haltung, aus der heraus die Worte gesprochen werden und die für das Gegenüber deshalb die „richtigen Worte sind“ bleibt jedoch überall die gleiche. Es geht immer um die Aussage:

„Ich weiss von Deinem Verlust – ich sehe Dich und Deinen Schmerz – und ich anerkenne Dich für Deinen Weg und Deine Anstrengung.“ Das ist übrigens der Trost in den Worten!

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Die New York Times hat am 25. November 2020 einen Beitrag von Meghan Markle, Herzogin von Sussex zu ihrer Trauer über ihre Frühgeburt gebracht.

Für sie waren die richtigen Worte ganz andere, als hier in unserer Kultur und Sprache und sie sagt:

„Vielleicht beginnt der Weg der Heilung mit drei einfachen Worten: Bist Du OK?“

Bildquelle: https://www.nytimes.com/2020/11/25/opinion/meghan-markle-miscarriage.html

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Wenn der gesunde Umgang mit Verlust und Trauerprozessen für Sie oder jemand den Sie kennen ein Thema ist, bin ich gerne Ihre Ansprech-partnerin. Wenn Sie für Ihr Team oder für Ihre Mitarbeitenden eine Fortbildung zu gesunder Begegnung und Umgang mit Trauer anbieten möchten, fragen Sie mich einfach an: monica.lonoce@emotionskultur.ch

Trauerbegleitung für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung

Trauerbegleitung für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung

Herr W.’s Welt ist vor drei Monaten total durcheinander geraten. Sein Schwager starb plötzlich durch Herzversagen. Nun hat er nur noch seine Schwester. Seine Eltern sind schon lange verstorben.

Herr W. schläft nicht mehr gut, steht nachts oft auf und schreit, wirft mit Sachen, ist manchmal «durch den Wind» und leidet offensichtlich vermehrt unter Ängsten. Seit dem Tod seines Schwagers ruft er jeden Abend seine Schwester an, um mit ihr zu «reden». Das ist für ihn eine grosse Herausforderung, denn Herr W. verfügt kaum über Lautsprache. Er macht sich grosse Sorgen um seine Schwester.

Die Institution, in der Herr W. schon viele Jahre lebt und arbeitet, ist für Trauerphänomene sensibilisiert. Das Team und die Leitung wissen, dass Trauer ein Auslöser für herausforderndes Verhalten von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung sein kann.

Herr W. und ich kennen uns bereits. Ich habe ihn vor 4 Jahren schon einmal in seiner Trauer begleitet. Auch damals hat er heftig reagiert im Alltag, als er in seinem nahen Umfeld einen Verlust durch Tod miterlebt hat.

Nachdem Herr W. ausdrücklich sein OK gegeben hat, dass ich kommen und ihn wieder begleiten soll, sitzen wir nun da am Tisch im Wintergarten des Wohnheims. Er und seine Beiständin sind einverstanden, dass ich unsere gemeinsame Arbeit filmen und Ausschnitte davon zeigen darf. Für meine Sensibilisierungsarbeit in der Gesellschaft und für meine Schulungen von Fachpersonen in der Begleitarbeit.

Die Arbeit mit der Methode GLL

Unser Einstieg ist einfach, da Herr W. die Arbeit mit GLL schon kennt und das Vertrauen schon da ist.

Ich erkläre Hr. W. zuerst nochmals, wie die Trauerbegleitung funktioniert. Er hört mir interessiert zu und nickt erwartungsvoll. Wir werden 7 x zusammenarbeiten und uns auf die Suche nach seinen Gefühlen machen. Beim letzten Termin, zur Abrundung wird es eine schöne Feier geben.

Bei diesem ersten Treffen geht es um Herzgefühle. Dafür entwickeln wir gemeinsam ein Bild in der Herzform. Herr W. lässt sich dank dem klaren GLL-Ablauf ganz gezielt zu seinen Ressourcen führen.

Gleichzeitig finden wir aber auch heraus, was genau der Verlust für ihn bedeutet. Auch ohne Sprache kann Herr W. auf diese Weise “erzählen” was sein Herz bewegt. Dazwischen machen wir eine Pause, weil diese tiefe Gefühlsarbeit anstrengend ist.

Schritt und Schritt gestaltet sich sein Herzbild in dieser Stunde. Er bekommt nicht nur Raum und die Chance für einen Ausdruck seiner Gefühls- und Verständnis-Welt, sondern er bekommt die Möglichkeit, seine innere Welt anderen Menschen zu zeigen und dafür Zuspruch und Anerkennung zu erhalten.

Das ist der Trost, den trauernde Menschen brauchen und so oft vermissen. Das ist auch für das Umfeld eine Gelegenheit, ihre Empathie für Herr W. zu zeigen und ihn tatsächlich zu verstehen.

Am Schluss dieser Stunde kann er wählen, ob er beim nächsten Mal lieber Wutgefühle oder Trauergefühle entdecken möchte. Er entscheidet sich für die Wut. Als ich ihn frage, ob er dieses Gefühl kennt, nickt er bestimmt und lächelt verschmitzt.

Dann nimmt er stolz sein Herzbild mit, um es seinen Mitbewohner*innen und den Begleitpersonen zu zeigen. Er winkt mir zum Abschied und will sich erst einmal in seinem Zimmer ausruhen von der anstrengenden Stunde.

Reflexion

Auf der Rückfahrt habe ich viel Zeit, den Entstehungsprozess dieser ersten Begleitstunde in mir nachwirken zu lassen. Auch wenn ich unzählige Prozesse begleitet habe, ist doch jeder einzigartig und überraschend. Auch wenn die GLL-Trauerbegleitung der vorgegebenen Methodik folgt, so gestaltet doch der Mensch seinen Prozess selbst.

Dass es möglich war, Herr W. in diesen 60 Minuten zu seinem inneren Erleben zu leiten und es ihm möglich war, all die Fragen auf seine Weise zu beantworten, berührt mich tief. Er war hoch kompetent im Aufzeigen seiner – durchaus angemessenen – Realität. Denn die erste Frage bei der Begleitung ist immer, ob es dem trauernden Menschen (schon) möglich ist, von einer Trauertiefe zur anderen zu wechseln.

Ich erlebe, dass oft Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung – aber auch Kindern – diese Kompetenz nicht zugetraut wird, bzw. nicht erkannt wird. Mit den geeigneten Mitteln und Fachwissen jedoch, ist es durchaus möglich, ihre emotionale Kompetenz – in ihrem Bereich des Möglichen – sichtbar zu machen und weiter zu entwickeln.

Nach so einer Begleitstunde fühle ich mich nicht nur im Herzen tief berührt und dankbar, dass ich Teil der Welt eines Menschen werden durfte. Ich fühle mich auch bestärkt, meine Arbeit und Methode nun nach 15 Jahren mit einem nachhaltigen Ausbildungsprogramm weiter zu geben.

So lange ich kann, werde ich mich dafür einsetzen, dass Menschen in Verlustkrisen eine Begleitung bekommen, die ihre Gesundheit umfassen fördert, auf allen Ebenen.

Was ist Gefühle.Leben.Lernen.® GLL?

Von Verlusten und traurigen Ereignissen erzählen ist schwierig. Manchmal fehlen Worte oder ein geschützter Raum für Gefühle.

GLL wurde entwickelt um Kinder, Jugendliche und Erwachsene – auch mit kognitiver Beeinträchtigung – im emotionalen Umgang mit Abschied, Verlust und Trauer nachhaltig zu unterstützen. Die GLL-Methodik mit ihren Werkzeugen hilft, schwierige Lebensereignisse und Gefühle zu ordnen und auszudrücken.

Mit Hilfe eines standardisierten, methodischen Vorgehens, durchlaufen die Teilnehmende den GLL-Prozess. Eines der Basis-Elemente sind die fünf GLL-Gefühlformen.

Die GLL-Methode ist wissenschaftlich erforscht. Sie gründet auf dem Konzept des Kohärenzempfindens aus der Salutogenese von A. Antonovsky.

Wenn auch Sie Menschen mit Beeinträchtigung in herausfordernden Lebenssituationen, wie Verlustkrisen begleiten möchten, informieren Sie sich über die GLL-Ausbildung oder fragen Sie mich einfach an über www.emotionskultur.ch

4 Hilfen bei Trauer & das verborgene Geschenk

4 Hilfen bei Trauer & das verborgene Geschenk

Auszug aus meiner Keynote an der Palliativtagung Evidenz und Empathie in der Palliativbetreuung von Kindern und Jugendlichen (Okt. 2013 I-Sterzing)

Sehr geehrte Damen und Herren,

Zum Thema der heutigen Fachtagung erzähle ich Ihnen zuerst eine wahre, etwas aussergewöhnliche Geschichte von einer Familie mit zwei sterbenskranken Kindern.

Dabei richte ich den Fokus auf die folgenden vier Aspekte:

1.    Was die Familie an Ressourcen und Kräften mobilisieren konnte

2.    Was der Familie gefehlt hat

3.    Welchen Preis die Familie bezahlt hat

4.    Welch unbezahlbares Geschenk die Familie gefunden hat

Die Geschichte beginnt mit der Heimfahrt einer jungen Familie von der Entbindungsklinik mit neugeborenen Zwillingsmädchen und ihrem kleinen Sohn. Die stolzen, glücklichen Eltern waren dankbar für ihre drei gesunden Kinder.

Doch dann verzögerten sich die Entwicklungsschritte der Mädchen und eine lange Zeit von Abklärungen und Ungewissheit folgte. Endlich bekamen die Eltern eine Diagnose Myopathie. (Muskeldystrophien sind genetisch bedingte Muskelerkrankungen, die sich durch eine progressive Schwächung und Degenerierung der Muskeln auszeichnen.) Sie verstanden überhaupt nicht, was das für sie und die Kinder und die Familie bedeutete.

Die Familie lernte – insbesondere die Mutter – den Alltag mit unzähligen Therapie- und Arztterminen, Integrationsbemühungen für die Schule, Pflegeanforderungen, Krankenhaus-aufenthalten, chronischem Schlafmangel und den Familienbetrieb zu managen.

Über die Jahre hatte die Mutter ein Helfernetz aufgebaut. Nachbarn, Freundinnen, Familie, Praktikanten, Entlastungsdienste, eine Haushalthilfe. Zudem hatte sie gelernt zu kämpfen für ihre kranken Kinder, mit Versicherungen und Ämtern und Schulbehörden zu kommunizieren.  

„Familien können Ressourcen und Kräfte mobilisieren“

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Irgendwann eines Nachts, die Zwillinge waren inzwischen 6 Jahre alt, wurde der Mutter klar, dass beide Mädchen an dieser Krankheit sterben würden! Niemand hatte je etwas dazu gesagt, sie hatten nicht gefragt, Internet und Google gab es damals für den Hausgebrauch noch nicht.

Ihre stille Erkenntnis behielt sie für sich. Sie schwieg, weil ihre Intuition ihr sagte, dass sie kein Gehör und Zuspruch und keinen Raum für ihren Schmerz bekommen würde. Sie schwieg, denn sie hatte nicht die Kraft und nicht den Mut, sich Antworten, wie: “Nein, sicher nicht!“ oder „Das darfst Du nicht denken“ entgegenstellen zu müssen.

Es gibt viele Gründe, warum Menschen vermeiden über die Möglichkeit des Sterbens zu sprechen; das Sterben der eigenen Kinder sowieso.

„Es fehlen geschützte Räume für Trauergefühle“

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Einige Monate später starb eines der beiden Mädchen zuhause in den Armen ihrer Eltern. Die Mutter war innerlich irgendwie schon vorbereitet. Doch der Vater und die Geschwister hatten diese innere Auseinandersetzung und Vorbereitung nicht gehabt. Welch grosser, unfassbarer, zusätzlicher Verlust, nicht gemeinsam über den Tod zu sprechen.

„Ein Preis, der nicht hätte sein müssen“

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Von diesem Moment an mussten die Eltern – insbesondere die Mutter – lernen über das Sterben und den Tod zu sprechen. Mit der 7jährigen Zwillingsschwester, mit dem 8jährigen Bruder, mit dem Umfeld der Familie. Da die Zwillinge durch die Krankheit gehörlos waren und sich nicht verbal ausdrücken konnten, mussten sie neue Wege finden, um „ohne Worte“ Sterben, Tod, Trauer und Abschied zu erklären. Denn ihre Tochter wollte jeden Tag darüber sprechen. Sie wusste, dass auch sie sterben würde. In der Begegnung mit dem Tod, war das Leben lebendiger denn je, bis zum Tod des Mädchens kurz nach ihrem zehnten Geburtstag.

„Das unbezahlbare Geschenk liegt im vollen Bewusstsein, dass jeder gemeinsame Tag ein geschenkter Tag ist“

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Dann folgte „die grosse Arbeit der Zurückgebliebenen“. Eine schmerzhafte Arbeit die mindestens so viel Kraft forderte, wie die anspruchsvollen zehn Pflege- und Sterbejahre zuvor.

Vielleicht haben Sie es schon vermutet? Die Geschichte ist meine eigene. Sie liegt viele Jahre zurück. Daraus heraus habe ich EmotionsKultur.ch und meine Methode „Gefühle.Leben.Lernen.®“ entwickelt. Und ich werde nicht müde, für mehr Wissen und Bewusstsein zum gesunden Umgang mit Verlust und Trauer zu wirken. So wie heute mit meinem Referat an dieser Fachtagung…….. 

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……..Zum Abschluss möchte ich Ihren Blick nochmals auf die vier Punkte lenken, die ich in der erzählten Geschichte herausgearbeitet habe. Ich biete Ihnen dazu je eine Reflexionsfrage an:

Die Begegnung mit Familien in einer Palliativsituation

1.    Familien können Ressourcen und Kräfte mobilisieren

Kann ich zusätzliche Ressource oder Kraft sein?

Wenn ja, wie?

2.    Familien brauchen geschützte Räume für ihre Trauergefühle

Erschaffe ich einen geschützten Raum in der Begegnung?

Wenn nein, wie kann dies gelingen?

3.    Familien zahlen einen hohen Preis in diesem Lebensereignis

Kann ich den Preis mindern?

Wenn ja, wie?

4.    Es liegt ein verborgenes Geschenk in diesem Lebensereignis

Erlebe ich selbst dieses Geschenk in meinem Leben?

Wenn nein, wie kann ich es für mich finden?

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 Mein Rat an Sie als Fachperson und als Mensch:

Begegnen Sie Familien in einer solchen Lebenssituation mit Respekt für die Leistung, die sie vollbringen. Lassen Sie sich im Herzen treffen von der Begegnung. Und dann seien Sie gefestigt genug, sich wieder sich selbst und Ihrem eigenen Leben zuzuwenden. Wie?

Ich gehe nach einer anspruchsvollen Fortbildung oder Trauerbegleitung nach draussen. Ich atme dann tief ein und geniesse jeden Atemzug. Ich betrachte die Bäume, die Umgebung, die Farbe des Himmels. Und dann sage ich: „Danke, für dieses wunderbare, einzigartige Leben, das ich gerade jetzt erlebe.“

DANKE für Ihre Aufmerksamkeit.  Monica Lonoce